Lange bevor das Grundacherhaus zur Kantonsbibliothek umfunktioniert wurde, war es während rund 250 Jahren repräsentativer Wohnsitz der Familie Imfeld und der zahlreichen Amtsträger, die aus dieser Familie hervorgingen. Einer von ihnen war Kaspar Imfeld, der das Haus in den 1670er Jahre besass und aus dessen Zeit die getäferte Stube sowie der blaue Kachelofen im ersten Stock stammen. Wie viele Mitglieder seiner Familie durchlief Kaspar Imfeld eine ganze Ämterlaufbahn: Bevor er 1682 zum Landammann gewählt wurde, amtete er unter anderem als Fünfzehnerrichter, Ratsherr und Zeugherr. Aber nicht nur in Obwalden selbst, sondern auch in den gemeinsamen Herrschaftsgebieten der Eidgenossenschaft hatte Obwalden in einem fixen Turnus Ämter zu besetzen – etwa in der "ennetbirgischen Vogtei" Mendrisio, wo Imfeld 1670-1672 als Landvogt die Herrschaftsrechte der Eidgenossenschaft vertrat. Weil das Amt des Landvogtes vom Amtsinhaber gekauft werden musste, stand es nur jenen offen, die sich eine solche Investition leisten konnten. Gleichzeitig lag es im Interesse der Landvögte, ihre Amtsgeschäfte so zu führen, dass sich die Investition lohnte. Imfelds persönliche Rechnungsbücher geben nicht nur Aufschluss über seine vielseitigen finanziellen Verstrickungen, sondern illustrieren auch die fliessenden Übergänge zwischen privaten Geschäften und politischem Handeln. Während seiner Zeit als Landvogt borgte sich Imfeld etwa wiederholt Geld von seinem Statthalter Carlo Hieronimo Gnochi und liess sich von ihm teure Waren aus Mailand liefern – unter anderem einen Sattel, einen goldenen Ring sowie ein silbernes Degengefäss. Die angehäuften Schulden verrechnete er schliesslich mit dem, "was [Gnochi] mir wegen der stadhalterey schuldig gsin" – er zog sie also von dem Betrag ab, der Gnochi ihm seinerseits für das Statthalteramt versprochen hatte. Nach Ablauf seiner Amtszeit kehrte Imfeld schliesslich ohne verbleibende Schulden "dört enethalb dem berg gothardt" nach Obwalden zurück.
Staatsarchiv Obwalden
P.0056.829: Rechnungsbuch des Landammans Kaspar Imfeld
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Zur Internationalen Archivwoche 2022 verortet das Staatsarchiv alte und neue Geschichtsquellen und verbindet damit die beiden Archivstandorte Hexenturm und Verwaltungsgebäude Hostett, die am Samstag 11. Juni für das Publikum offen sind.